Verlobt in Marokko – keine Hochzeit wegen Corona?
Unsere Hochzeitsfotografin Nora Ermatinger sass während der Corona Krise mit ihrem Verlobten in Marokko fest. Was sie dort erlabt hat, wie sie zurück in die Schweiz kam und vor allem, wie es mit der geplanten Hochzeit aussieht schreibt sie hier in unserem Blog ?
14. März 2020 – mit dem Van in Marokko
Ich drehe mich um und übersehe fast den Motorroller, der sich neben mir durch den schmalen Zwischenraum zwischen mir und dem Gemüsestand links von mir durch die Gasse zwängt. Nach zwei Monaten Marokko in unserem Van und überfüllt lebendigen Souks passiert einem das eigentlich nicht mehr, aber das Rufen hinter mir hat es geschafft, mich aus der erlernten Balance zwischen leicht abgelöschtem Desinteresse und aufmerksamen Durchschlendern der Märkte rauszuwerfen. „Corona Corona“ rufen uns ein paar Kinder hinterher und rennen dann lachend davon. Beim ersten Mal denken wir noch, haben wir uns verhört? Beim zweiten Mal nicht mehr und beim dritten Mal, wenn es keine Kinder mehr sind, sondern Erwachsene, wird das ganze sich „im-fremden-Zuhause-fühlen-Feeling“ ziemlich schnell kleinlaut.
An unserem zweiten Abend in der marokkanischen Stadt Fes sitzen wir in einem Restaurant mit Kronleuchter und hohen Räumen – alles ist gedeckt. Auf den Tischen stehen kitschig hübsche Blumenvasen und der Kellner schenkt uns ein freundliches Lächeln, während er uns die Karte bringt. Ob sie alles hätten, fragen wir und können dabei die zwei einzigen anderen Gäste aus den Augenwinkeln sehen. „Ja“ meint der Kellner. Wir bestellen, essen und das Restaurantteam schaut Nachrichten. Den Fernseher hören wir nur am Rande. Nach Wochen im Atlas in purer Natur, scheint das allgemeine Weltvorgehen zu weit weg, um wirklich existent zu sein. Wie so oft im Moment kommen wir in Gedanken zu unserer baldigen Hochzeit, geniessen die Vorfreude und bauen Luftschlösser mit schönen Zukunftsgedanken. Die zivile Trauung in Zürich, ein kleiner Apéro und ein Abendessen mit der Familie und den engsten Freunden bei unserem Lieblingsitaliener brauchen nicht viel Planung und lassen dafür umso mehr Platz für viel Vorfreude. Im Sommer dann noch ein Fest mit dem einzigen Ziel schön und unkompliziert zu feiern. Wieder mit der Familie, wieder mit den Freunden nur dann in der Toskana, verbunden mit einer Woche Ferien in einer schon gemieteten Villa auf dem Land. „Vielleicht können wir ein kleines Restaurant dort anfragen, ob sie für uns kochen kommen“, sage ich zu Rob. „Am liebsten hätte ich eine richtige Mama, die für uns alle in einem riesigen Topf Risotto kocht“, gibt er hinzu. „Und einen Gelatistand für das Desert!“, lache ich.
Beim Verlassen des Restaurants meint der nette Kellner von den Nachrichten aufschauend: „wir machen uns keine zu grossen Sorgen. Wir denken, in zwei drei Wochen wird alles vorbei sein.“ „Shukran et bonne nuit“ – „So Gott will und gute Nacht“ sagen wir mit einem Winken und versuchen sein Gefühl mehr zu verinnerlichen als das all der tausend fetten viralen Überschriften, die uns in den nächsten Tagen bombardieren werden.
Anfangs April – Wieder zurück in Zürich
Drei Wochen später wachen wir in unserem schon hellen Schlafzimmer zurück in Zürich auf. Die Welt hat sich ein Stück verändert und wir kriegten mit unserem Van gerade noch die Kurve, es rechtzeitig zurück nach Hause zu schaffen, bevor wir unseren Rückweg per Fähre in einen Notflug zurück umändern mussten. Unser gelber Bus vor dem Haus erinnert uns jeden Tag wieder daran, wie froh wir darum sind. Wir schauen uns verschlafen an und Rob meint: „Vielleicht sind wir in etwas mehr als einem Monat verheiratet.“ „Vielleicht auch nicht“, sage ich zurück und wir müssen beide lachen ab dem komischen Gefühl.
Zwar liess uns die Notfallheimreise quer durch ganz Spanien und Frankreich, die Ausgangssperre dort und die düstere Stimmung wirklich spüren, dass etwas Grosses vor sich ging, doch Zuhause angekommen dauerte es doch noch eine Zeit länger, bis wir wirklich wussten, dass wir unsere Hochzeit verschieben müssen. „Findest du es schlimm?“, fragt er mich. Ich überlege kurz und antworte dann: „Nein, eigentlich gar nicht. In einem Jahr um diese Zeit werde ich dann sagen können: ‚ach wie Schön, dass wir das Fest noch vor uns haben!‘ Nur um unser Datum tut es mir irgendwie leid.“ Am 29. Mai wäre unser Ziviles gewesen und so fern das überhaupt möglich ist, das Datum gehört nun seit fast einem Jahr quasi zum Team und es ist schon ziemlich fies, es einfach so über Board zu werfen.
„Behalten wir es, wenn auch nicht als Hochzeitsdatum“, meint Rob darauf. Gefällt mir und wir entschliessen uns, den 29. Mai zu etwas Besonderem zu machen, auch wenn wir nicht heiraten können. Vielleicht schreiben wir uns Briefe mit Zukunftsplänen, vergraben Liebesbriefe im Wald, schreien Liebeslieder vom Balkon oder lassen es völlig ausarten und machen grad ein Kind. Wer weiss – was kommt ja anscheinend eh niemand. Kurz darauf warte ich auf Kaffee im Bett und erinnere mich an einen Hollywood Film, mit Marshall aus ‚How I Met your mother‘, der wirklich zu schlecht war, als das der Filmname hier überhaupt erwähnenswert wäre. Das Filmpaar verschob seine geplante Hochzeit immer und immer wieder und ich weiss noch, wie ich den Film zusammen mit Rob auf einer unserer Reisen in Laos schaute und dabei sagte: „Wirklich saublöd, ich würde doch nie meine Hochzeit verschieben!“. Tja, das Leben spielt halt manchmal anders. Aber solange es spielt, spiele ich mit, behalte mein Lachen und geniesse die jetzt noch längere Vorfreude. — Nora